Artikel drucken Twitter Email Facebook

Von der Flut zum Beben
von Peter Hallward

Neun Monate nach dem verheerenden Erdbeben hat die Welt Haiti fast schon wieder
vergessen. Wie Peter Hallward im Nachwort zu seinem Buch Damming the Flood: Haiti, Aristide and the Politics of Containment zeigt, ist die Situation trotz – oder gerade wegen – der internationalen Hilfe nach wie vor katastrophal: Im Schatten des Bebens erreicht die Konterrevolution gegen die armen Massen eine neue Qualität.1

Am Dienstag, den 12. Januar 2010 um kurz nach 17 Uhr wurden die Hauptstadt Haitis und seine Umgebung vom schwersten jemals in den Americas gemessenen Erdbeben verwüstet. Das Ausmaß der Zerstörung war gewaltig. Den exaktesten verfügbaren Schätzungen zufolge fielen dem Beben etwa 250.000 Menschen zum Opfer, mehr als 300.000 erlitten schwerste Verletzungen. Ungefähr 200.000 Gebäude wurden zerstört, darunter etwa 70% der Schulen der Stadt. An die 1,5 Millionen Menschen leben mehr als ein halbes Jahr nach der Katastrophe weiter in provisorischen Lagern mit wenig oder gar keiner grundlegenden Versorgung, ohne Arbeitsmöglichkeiten und ohne Hoffnung auf eine spürbare Besserung in der näheren Zukunft.2
Zwar hat das Erdbeben selbst in Haiti keine vergleichbaren Vorgänger, jedoch sind weder die Umstände, die seine Wirkung vergrößerten, noch die Reaktionen, die auf die Katastrophe folgten, neu oder einzigartig. Vielmehr sind beide ein wesentlicher Bestandteil jenes fundamentalen Konfliktes, der die Geschichte Haitis in den letzten 30 Jahren strukturierte: Der Konflikt zwischen pep la („das Volk“, „die Armen“) und den Mitgliedern der privilegierten Elite sowie den sie unterstützenden Streitkräften und ihren internationalen Verbündeten. Waren die 1980er Jahre noch von einer beispiellosen popularen Mobilisierung gekennzeichnet, welche sich zur Lavalas-Bewegung [kreolisch: lodernde Flut] entwickelte, die Diktatur überwand und eine Perspektive für einen bescheidenen, aber doch revolutionären sozialen Wandel aufzeigte, so lässt sich die Phase, die mit dem Militärputsch von September 1991 begann, wohl am besten als eine der ausgedehntesten und intensivsten Konterrevolution weltweit beschreiben. In den letzten 20 Jahren haben die mächtigsten politischen und ökonomischen Interessensgruppen in und um Haiti eine systematische Kampagne geführt, um die populare Bewegung zu ersticken und sie ihrer wichtigsten Waffen, Ressourcen und Anführern zu berauben. Die Reaktionen auf das Erdbeben im Januar haben diesen Maßnahmen eine völlig neue Qualität verliehen.

Konterrevolutionäre Maßnahmen
Bislang war die fortgesetzte Konterrevolution in einem schmerzlichen Ausmaß erfolgreich. Selten wurden „Teile und Herrsche“-Taktiken mit derart skrupelloser Effizienz angewendet wie in Haiti zwischen 2000 und 2010. Einige wenige privilegierte Familien sind deshalb reicher und mächtiger als jemals zuvor; wenn Anfang 2011 der Wiederaufbau ernsthaft beginnt, werden sie nur noch reicher werden. Im Gegensatz dazu werden mehr als eine Millionen Obdach- und Mittellose die Jahre des Wiederaufbaus voraussichtlich in der Hölle der Lager verbringen, während ausländische TechnokratInnen, multinationale Beamten und NGO-BeraterInnen über die Zukunft ihrer Städte entscheiden. Die Mehrheit ihrer verelendeten Landsleute wird weiterhin dazu gezwungen sein, die höchsten Ausbeutungsraten der Hemisphäre hinzunehmen, wohl wissend, dass ohne grundlegende Veränderungen ihre Kinder und Kindeskinder dasselbe Schicksal erwartet. In der momentanen Situation, in der die Reste der Lavalas-Bewegung desorganisierter und gespaltener sind als je zuvor und sich das Land im eisernen Griff der ausländischen „Stabilisierungstruppen“ befindet, hat die Mehrheit der haitianischen Bevölkerung wenig oder gar keine politische Macht. Zur Zeit der Verfassung dieses Textes, im Sommer 2010, sieht es so aus, als wäre die Perspektive einer grundlegenden Demokratisierung Haitis in weite Ferne gerückt.
Unter diesen unhaltbaren Umständen kann nichts anderes als eine massive populare Remobilisierung, die mächtiger, disziplinierter, geeinter und entschlossener als jemals zuvor agiert – in anderen Worten, nicht anderes als die Erneuerung wirklich revolutionären Drucks –, die Aussicht auf relevante Veränderungen für die Mehrheit der haitianischen Bevölkerung bieten. Natürlich ist es gerade diese Perspektive, die jene Kräfte um jeden Preis verhindern wollen, die für die jüngste politische Entwicklung des Landes und den bisherigen Wiederaufbau nach dem Beben verantwortlich sind. Nur wenige Tage nach dem Trauma des 12. Januar war bereits klar, dass die von der USA und den UN geführte Hilfsoperation den drei Hauptstrategien der Konterrevolution angepasst sein würde, welche die jüngste Geschichte der Insel bestimmt haben: a) Würde die Beto-nung auf „Sicherheit“ und „Stabilität“ liegen und versucht werden, diese mit militärischen und quasi-militärischen Mitteln zu erreichen. b) Würde man Haitis eigene Führer und seine Regierung kaltstellen und sowohl die Bedürfnisse als auch die Fähigkeiten der Bevölkerungsmehrheit ignorieren. c) Würden weiterhin Mittel angewendet werden, welche den Graben zwischen den privilegierten Wenigen und den von ihnen ausgebeuteten verarmten Massen vertiefen. Selbst ein bloß kursorischer Rückblick auf die ersten sechs Monate des Wiederaufbaus im Jahr 2010 sollte ausreichen, um zu zeigen, dass wir es mit einer Intensivierung jener Maßnahmen zu tun haben, welche schon in den letzten 20 Jahren die Macht und Autonomie der haitianischen Bevölkerung untergraben haben.

„Sicherheit“ und „Stabilität“
Die grundlegende politische Frage in Haiti ist von der kolonialen über die post-koloniale bis hin zur neo-kolonialen Zeit weitgehend gleich geblieben: Wie kann eine winzige und instabile herrschende Klasse ihr Eigentum und ihre Privilegien angesichts der Armut und des Hasses der Massen sichern? In Haiti verdankt die Elite ihre Privilegien der Exklusion, Ausbeutung und Gewalt; und nur ein quasi-Gewaltmonopol kann diese aufrechterhalten. Dieses Monopol wurde während der Duvalier3-Diktatur bis Mitte der 1980er Jahre großzügig und, in geringerem Ausmaß, auch während der folgenden Militärdiktatur (1986–90) gewährt. Aber die Lavalas-Mobilisierung gefährdete dieses Monopol und mit ihm auch die Privilegien. Was in Haiti geschah, seit Jean-Bertrand Aristide4 1990 zum ersten Mal gewählt wurde, sollte in erster Linie als die progressive Verdeutlichung dieser grundlegenden Alternativen verstanden werden: Demokratie oder Armee. Die demokratische Mobilisierung, die in den 1980er Jahren in Opposition zu Diktatur und neoliberaler „Anpassung“ aufkam, war stark genug, die im Land gegen sie aufgestellten militärischen Kräfte zu überwinden und sogar zu beseitigen. Es gelang ihr, zunächst Duvalier und seine Macoutes5 hinwegzufegen (1986), und anschließend die direkte Militärherrschaft zu überwinden (1990). Viel von der Dynamik dieser Mobilisierung überlebte den mörderischen Putsch von 1991 und Aristide war schlussendlich 1995 unter großen Opfern in der Lage, die Armee aufzulösen. Als Aristide dann 2000 mit überwältigender Mehrheit für eine zweite Legislaturperiode gewählt wurde, eröffnete der haushohe Sieg seiner Fanmi Lavalas-Partei zum ersten Mail in der haitianischen Geschichte die Perspektive auf einen grundlegenden politischen Wandel – und dies in einem Kontext, in dem es kein außerpolitisches Mittel – keine Armee – mehr gab, um einen solchen zu unterdrücken.
Um eine solche Entwicklung zu verhindern, bestand die zentrale Strategie von Haitis kleiner herrschenden Klasse im gesamten letzten Jahrzehnt darin, politische Fragen entlang der Themen „Sicherheit“ und „Stabilität“ – für die Reichen, ihr Eigentum und ihre Investitionen – neu zu definieren. Eine rein zahlenmäßige Menge kann wohl eine Wahl gewinnen oder eine populare Bewegung am Leben erhalten, aber wie jede/r weiß, kann mit „Unsicherheit“ nur eine Armee umgehen. Der bis an die Zähne bewaffnete „Freund“ Haitis, die USA, weiß das besser als jede/r andere.

Der Putsch von 2004
Vor diesem Hintergrund bleibt das bedeutendste Ereignis der jüngsten haitianischen Politik die Intervention zur Wiederherstellung der langfristigem „Sicherheit“ durch die endgültige Eliminierung der Lavalas-Bewegung: Der Putsch im Jahr 2004. War die Auflösung der Armee, die Aristides erste Regierung abgesetzt hatte, seine populärste Amtshandlung, so bestand die wichtigste „Errungenschaft“ des Putsches 2004 darin, die politische Kontrolle de facto wieder an das Militär zurückzugeben. Da dieses im Land selbst nicht mehr existierte, bevollmächtigte der Putsch von 2004 eine ausländische Armee: erst eine US-amerikanisch-französisch-kanadische Eingreiftruppe, dann eine UN-Friedenstruppe. Wie vorauszusehen war, wurde Aristides Fanmi Lavalas – die Partei, die in den letzten Wahlen vor der Besetzung einen Erdrutschsieg errungen hatte – in allen darauffolgenden Wahlen von der Teilnahme ausgeschlossen (2006, 2009 und 2010). Ihre Führungspersönlichkeiten wurden entweder isoliert oder eingesperrt, und ihr Hauptsprachrohr Aristide fristet seit 2004 sein Dasein als unfreiwilliger Exilant auf der anderen Seite der Welt. Wenn Haitis internationale AufpasserInnen dieses Muster der Exklusion aufrecht erhalten können, wird die Entwicklung der haitianische Demokratie endgültig wieder entlang jener imperialen Erwartungen verlaufen, denen die HaitianerInnen vor 20 Jahren durch die Wahl der „falschen“ Person und des „falschen“ politischen Programms einfach einen Strich durch die Rechnung machten.
2004 und danach bestand die einzige Möglichkeit, diese WählerInnen zur Akzeptanz des Putsches und seiner Konsequenzen – die explizite und systematische Re-Etablierung der imperialen und Eliten-Herrschaft über ihr Land – zu bringen, in der Ausübung von Zwang. Seit dem Putsch stand Haiti durchgängig unter ausländischer Militärbesatzung. Von 2004 bis 2010 patrollierten Jahr für Jahr tausende ausländische Soldaten durch das Land und nötigten die Bevölkerung, das Ende der Lavalas-Ära zu akzeptieren. Während dieser Jahre haben die UN-Behörden, die für diese außergewöhnliche „Stabilisierungs-Mission“ zuständig sind, in einem für UN-Einsätze beispiellosen Ausmaß auf gewaltsame Maßnahmen zurückgegriffen. Unterstützt wurden sie dabei von tausenden wiederbewaffneten und -ausgebildeten haitianischen PolizistInnen sowie von tausenden privaten Sicherheitsleuten, die angestellt worden sind sind, um die reichen Familien, deren Geschäfte sowie die ausländische Unternehmen und NGOs zu bewachen. Die zahlreichen Demonstrationen gegen die Besatzung, die in den letzten Jahren in den Straßen von Port-au-Prince stattfanden, hatten nur einen geringen oder gar keinen politischen Effekt.
Vor einem Jahr wäre der Gedanke, dass wohl nur ein Erdbeben diesen bewaffneten Würgegriff würde lockern können, noch verzeihlich gewesen.

Das Beben
Zweifellos zählte die Staatsmacht zum ersten, was am Nachmittag des 12. Januar ins Wanken geriet. Neben 27 der 28 Gebäuden der Bundesregierung stürzte das UN-Hauptquartier in sich zusammen. Etwa ein Fünftel der Regierungsbediensteten starben. Wenn eine Revolution der Lähmung der staatlichen Kapazitäten zur Unterdrückung popularen Protestes bedarf, kann man wie Kim Ives davon ausgehen, dass „das Beben die halbe Revolution verwirklicht hatte, indem es buchstäblich den haitianischen Staat zerstörte.“ Übrig blieben einerseits die popularen Kräfte und andererseits die Elite, und beide brachten ihre Alternativen in Stellung, um die Lücke zu füllen.6 Unverzüglich begann die US-Botschaft mit der Evakuierung ihres Personals und einiger Protegés. Für einen kurzen Moment hatten die haitianische Elite und ihre internationalen BewacherInnen wohl die Apokalypse vor Augen: Die Erwartung massenhaften Ungehorsams bei gleichzeitiger Abwesenheit ausreichender militärischer Zwangsmittel. Das Ergebnis war eine beinahe sofortige militärische Antwort von einer Größenordnung, wie sie von einer „zivilen“ Mission zuvor noch kaum vollzogen wurde.
Unmittelbar nach der Katastrophe versuchten nur wenige, der Übertragung der effektiven Kontrolle über die Hilfsmission auf das „über unvergleichliche logistische Fähigkeiten verfügende“ US-Militär zu widersprechen. Wie gewöhnlich wurde die haitianische Regierung angewiesen, sich für jede Art von „Hilfe“ dankbar zu zeigen. Sobald die US-Luftwaffe am 13. Januar die Kontrolle über den haitianischen Luftraum übernahm, wurden militärischen gegenüber humanitären Flügen explizit Priorität eingeräumt. Obwohl die meisten Berichte aus Port-au-Prince die Geduld und Solidarität auf den Straßen hervorhoben, machten die US-Kommandeure die Ängste vor öffentlicher Unruhe und Unsicherheit zu ihrer wichtigsten Sorge. Die oberste Priorität lag in der Vermeidung dessen, was ein Sprecher der US-Luftwaffe einen weiteren „Somalia Einsatz“7 nannte, also wohl einer Situation, in der eine gedemütigte US-Armee neuerlich Gefahr läuft, die militärische Kontrolle über eine „humanitäre“ Mission zu verlieren. Gerade die Entschlossenheit der US-Kommandeure, diesem Risiko durch die Privilegierung von Waffen und SoldatInnen gegenüber ÄrztInnen und Nahrung zuvorzukommen, war es, die zum vereinzelten Ausbrechen jener Unruhen führte, die eigentlich verhindert werden sollten. Um genügend SoldatInnen und Ausrüstung „vor Ort“ zu haben, wurde Flugzeug um Flugzeug voll mit Hilfsgütern aus Port-au-Prince weggeleitet.

Waffen statt Nahrung
Während die US-Kommandeure damit beschäftigt waren, die Sicherheit durch das Aufstellen einer 14.000 Marines starken Truppe zu sichern, begannen Wasser und Nahrung in einigen weniger sicheren Teilen von Port-au-Prince knapp zu werden. Am Samstag, den 17. Januar fasste der Al Jazeera-Korrespondent Sebastian Walker zusammen, was viele seiner KollegInnen bereits die ganze Woche berichteten: „Die meisten HaitianerInnen haben bisher kaum humanitäre Hilfe gesehen. Was sie stattdessen gesehen haben, sind eine ganze Menge Waffen. Schützenpanzer befahren die Straßen […]“ und „innerhalb der gut bewachten Zone [beim Flughafen] haben die USA die Kontrolle übernommen. Es erinnert eher an die Green Zone in Bagdad als an ein Zentrum für die Verteilung von Hilfsgütern.“8
Die Entscheidung der USA, am Flughafen militärische gegenüber humanitären Transporten zu privilegieren, besiegelte das Schicksal von Tausenden von Menschen, die unter dem Schutt von Port-au-Prince und Léogane begraben worden waren. In Ländern überall auf der Welt waren Bergungsteams innerhalb der ersten zwölf Stunden nach der Katastrophe in der Lage, nach Haiti aufzubrechen. Nur eine handvoll schaffte die Ankunft ohne fatale Verspätung – hauptsächlich Teams, die es geschafft hatten, Haiti vor der Übernahme des Flughafens durch die US-Streitkräfte zu erreichen. Einige der folgenden Teams mit ihrem schweren Gerät wurden davon abgehalten, in Haiti zu landen. USAID9 erklärte am 19. Januar, dass im Laufe der ersten Woche nach dem Unglück 70 Menschen von internationalen Such- und Rettungsteams gerettet wurden.10 Der Großteil dieser Menschen wurde an ganz bestimmten Plätzen und unter ganz bestimmten Umständen gerettet. Die Washington Post vom 18. Januar bemerkte etwa, dass „die ,Such- und Rettungsmissionen‘ hauptsächlich auf Gebäude von internationalen Hilfskräften, wie das zerstörte UN-Gebäude, und große Hotels mit internationaler Klientel konzentriert wurden.“11 So wurden kaum Hilfskräfte in den Gebieten zugeteilt, in denen es möglicherweise die höchsten Opferzahlen gab. Diese Logik war es, die immer mehr Menschen in und um die Krankenhäuser von Port-au-Prince zum Tode verurteilte. Wie Any Goodman von Democracy Now in einem Interview mit einem Arzt vor Ort erfuhr, war „die Frage der Sicherheit, die Gerüchte über die Sicherheit sowie der Rassismus hinter der Idee von Sicherheit eines der größten Hindernisse, um Hilfe vor Ort zu bekommen“12.

Rassistische Bilder
Es schien, dass in Haiti nach dem Erdbeben alles und jedeR, der/die nicht in einer Sicherheitszone war, nicht wert war, gerettet zu werden. Bei den gelegentlichen Vorstößen außerhalb dieser Zonen fanden westliche JournalistInnen gleichzeitig unzählige Gründe, sich wieder zurückzuziehen. Schreckliche Geschichten von Plünderungen und Gangs begannen bald „SicherheitsexpertInnen“ wie dem in London ansässigen Stuart Page13 eine Aura von augenscheinlicher Autorität zu verleihen, als er dem gutgläubigen BBC-„Sicherheitskorrespondenten“ Frank Gardner erklärte, dass „all die Fortschritte in der Sicherheit, die Haiti in den letzten paar Jahren gemacht hatte, sich umkehren könnten. […] Kriminelle Gangs, insgesamt ca. 3000, nutzen die aktuelle humanitäre Krise in vollem Maß aus.“14 Viele HaitianerInnen und in Haiti ansässige KorrespondentInnen waren empört über solch groteske Fehleinschätzungen. Am 17. Januar versuchte beispielsweise der Direktor des Ciné Institute, David Belle, der internationalen Verzerrung etwas entgegnen zu setzen: „Mir wurde gesagt, dass der Großteil der US-Medien-Berichterstattung Haiti als Pulverfass kurz vor der Explosion darstellt. Mir wurde gesagt, dass es in den Meldungen der großen Medien um Plünderung, Gewalt und Chaos geht. Nichts könnte weiter von der Wahrheit entfernt sein. Ich bin seit meiner Ankunft täglich durch die gesamte Stadt gereist. Das Ausmaß der Zerstörung ist absolut atemberaubend [, aber] NICHT EINMAL wurden wir Zeugen eines Akts der Aggression oder Gewalt […]. Eine kaputte Stadt mit zwei Millionen EinwohnerInnen wartet auf Hilfe, Medizin, Nahrung und Wasser. Die meisten haben nichts dergleichen erhalten. Haiti kann auf seine Überlebenden stolz sein. Ihre Würde und ihr Anstand angesichts dieser Tragödie sind atemberaubend.“15 JedeR konnte allerdings sehen, dass Würde und Anstand in den Augen der Herrschenden keinen Ersatz für Sicherheit darstellen. Keine Anzahl an Waffen wird je ausreichen, die wenigen zu beruhigen, deren Reichtum sie von jenen Menschen abgrenzt, die sie ausbeuten.
Soweit es die Menschen selbst betraf, war „Sicherheit nicht das Thema“, erklärte Kim Ives kurz nach dem Erdbeben. „In ganz Haiti organisierte sich die Bevölkerung selbst in Volkskomitees, um aufzuräumen, die Leichen aus dem Schutt zu befreien, Flüchtlingscamps zu errichten und das Überleben dieser Flüchtlingscamps zu gewährleisten. Die haitianische Bevölkerung ist eigenständig und war eigenständig für viele Jahre.“ Während die Menschen, die das Wenige, was sie besaßen, verloren hatten, ihr Bestes taten, um die Lage zu bewältigen, waren es die zur „Wiederherstellung der Ordnung“ geschickten Soldaten, die provozierten, indem sie die Menschen als potentielle Kämpfer behandelten. „Genau so reagierten sie nach Katrina. Die Opfer sind es, die gefürchtet werden.“16
Um dabei zu helfen, die Menschen dort zu halten, wo sie hingehörten, unternahm währenddessen das US Department of Homeland Security „beispiellose“ Notmaßnahmen, um das Heimland in den ersten Wochen nach dem Beben zu schützen. Während Senegals Präsident Abdoulaye Wade „allen Haitianern [sic]“, die in ihr Ursprungsland zurückkehren wollen, die freiwillige Heimkehr“ anbot, bestätigten amerikanische Behörden, dass die lang existierenden (und vollkommen illegalen) Richtlinien im Umgang mit haitianischen Flüchtlingen und Asylsuchenden weiter gelten würden – automatisches Abfangen und Rückführung, ganz unabhängig von den Umständen.17 Um ganz sicher zu gehen, flog die US-Luftwaffe mit einer Frachtmaschine samt Lautsprechersystem fünf Stunden pro Tag über große Teile des Landes und übertrug eine Nachricht vom Botschafter Haitis in Washington: „Stürmen Sie nicht die Boote, um das Land zu verlassen. Wenn Sie glauben die USA zu erreichen und Ihnen alle Türen offen stehen, ist das nicht der Fall. Die US-Küstenwache wird Sie noch am Wasser abfangen und dorthin zurückschicken, woher Sie kamen.“
Mit atemberaubendem Zynismus ernannte US-Präsident Obama seinen Vorgänger George Bush (dessen Regierung für den Coup von 2004 in Haiti verantwortlich war und
dessen „Hilfemaßnahmen nach dem Hurrikan Katrina 2005 in eine ethnische Vertreibung vieler schwarzer EinwohnerInnen New Orleans mündete.“18), Bill Clinton dabei zu helfen, der US Spendenkampagne für Hilfsmaßnahmen vorzustehen. Als der amerikanische Botschafter in Haiti im Februar Washington einen Besuch abstattete, zeigte er sich zufrieden mit der bisherigen Arbeit. „Ich glaube, dass dies etwas ist, worauf die Menschen in der Zukunft als Vorbild zurückblicken werden, dafür wie wir uns als SpenderInnen vor Ort erweisen und auf das Erdbeben reagieren konnten.“19

Ausländischer Wiederaufbau und der haitianische Staat
Während tausende Leichen im Schutt von Port-au-Prince zurückgelassen wurden, wandte sich die internationale Aufmerksamkeit bald den großangelegten Wiederaufbauplänen zu. Scheinbar waren sich alle einig: Oberste Priorität hätten Maßnahmen, welche die normalen Bevölkerung dazu bemächtigen sollten, etwas Kontrolle über ihr Leben sowie den Zugang zu Bildung, ein Einkommen, einen Wohnort, eine Zukunft für sich und ihre Familien (wieder) zu erlangen. International durchgesetzte neoliberale Regelungen, die für Jahrzehnte den agrarischen Raum zerstörten und den Staatssektor zu einer handlungsunfähigen Fassade deklassierten, müssten fallen gelassen oder zurückgenommen werden. Es bräuchte systematische Investitionen in essentielle, öffentliche Dienstleistungen in allen Teilen des Landes. Eine wirkliche haitianische Souveränität, sowohl ökonomisch als auch politisch, müsste wiederhergestellt werden.20 Der tatsächliche Wiederaufbauprozess passte sich allerdings genau den alten Tendenzen an, die Haiti in den letzten Jahrzehnten so verwundbar für natürliche, ökonomische und politische Katastrophen gemacht hatten. Die Mehrheit der haitianischen Bevölkerung war vollständig von jeglicher Partizipation in der Planung und Ausführung der Instandsetzungsarbeiten ausgeschlossen.21 Es wurden keine entscheidenden Maßnahmen gesetzt, um die lokale Landwirtschaft anzukurbeln oder die Dezentralisierung von Menschen, Ressourcen und Investitionen zu fördern. Einer der markantesten Bestandteile der Hilfsbemühungen war die Entscheidung der „internationalen Gemeinschaft“, über ihre eigenen Behörden und NGOs und nicht über den haitianischen Staat oder dessen Basisorganisationen zu arbeiten. Für jeden Dollar US-Hilfe, den Haiti in den ersten Wochen nach dem Desaster erhielt, bekam die Regierung daher nur einen einzigen Penny.22 Sechs Monate später, bemerkte Paul Farmer, gingen von den 1,8 Milliarden Dollar, die als Erdbebenhilfe nach Haiti geschickt wurden, „bis jetzt weniger als 2,9 % an die Regierung.“23
Der untergeordnete Status der haitianischen Bevölkerung und der Regierung wurde bei der Vorbereitung zur entscheidenden internationalen Geberkonferenz in New York Ende März 2010 kristallklar. Von den [zugesagten] 5,3 Milliarden belief sich die direkte Unterstützung für die Regierung nur auf 350 Millionen Dollar (6,6% der Gesamtsumme). Darüber hinaus wurde eine, vorwiegend ausländisch besetzte, Körperschaft eingerichtet, die über die Zuteilung der versprochenen Gelder entscheiden sollte, die Interim Haiti Recovery Commission (IHRC). Dieser Kommission sitzen Haitis Premierminister Jean-Max Belleviere und der frühere US-Präsident Bill Clinton vor.24 Ohne Zweifel ist ein gewisses Maß zentralisierter Koordination der Investitionen besser, als die hemmende Fragmentierung, die bis dahin in der Haitianischen „Republik von NGOs“ vorherrschte. Die Tatsache, dass HaitianerInnen in dieser Kommission jedoch als eine Art Juniorpartner dienen – eine Position, die keine der Geberländer für sich in Betracht ziehen würde – kann trotzdem nicht verborgen werden. In den Wochen nach der UN-Konferenz hielten die größten SpenderInnen ihre erste Auszahlung der versprochenen Milliarden solange zurück, bis die demütige haitianische Regierung bereit war, ihre unterwürfige Rolle formal anzuerkennen.

Politische und soziale Folgen der Privatisierung
Einer der Hauptgründe, warum die haitianische Regierung nicht in der Lage ist, über diese Bedingungen zu verhandeln, ist, dass ihr in den letzten Jahren die direkte Kontrolle über die meisten Ressourcen des Landes sowie die Fähigkeit, die Wirtschaft zu kontrollieren, entzogen wurde. Das Transportwesen, das Bauwesen, die Bildung, die Energieversorgung, das Gesundheitswesen, die Landwirtschaft und das Bankenwesen – praktisch alle wichtigen Bereiche der Wirtschaft wurden an haitianische Unternehmen und Geschäftsleute verkauft. 1997, als Préval schon im Amt war, wurden alle staatseigenen Betriebe, welche die beiden Hauptexportgüter, Mehl und Zement, herstellten, privatisiert. Staatspräsident René Préval kündigte im selben Jahr an, er werde Haitis wertvollsten staatseigenen Betrieb, die nationale Telefongesellschaft (Téléco), privatisieren. Bis Mitte 2007 war bereits die Hälfte der MitarbeiterInnen, knapp 2.800 Personen, gekündigt. Téléco war bis zu seiner Privatisierung eine der verlässlichsten öffentlichen Einnahmequellen. Vier Monate nach dem Erdbeben, im Mai 2010, hat die haitianische Regierung die Mehrheit an der Firma endgültig an eine Tochtergesellschaft der vietnamischen Armee verkauft, und zwar für bloß 59 Millionen US-Dollar.
Laut Patrick Elie ist Haiti mittlerweile, das „Land mit den meisten Privatisierungen der Welt. Fast alles, was privatisiert werden kann, wurde privatisiert und der einzige Grund, warum Gefängnisse noch nicht privatisiert sind, ist, dass es sich noch nicht ausgezahlt hat, sie zu privatisieren.“25 Folge dieser Privatisierungen ist, dass die haitianische Regierung einige ihrer essentiellsten Handlungsoptionen verloren hat: die Fähigkeit Arbeitsplätze zu schaffen, sich das Land und die Ressourcen, die sie benötigt, anzueignen sowie wichtige Baumaterialen und andere Güter zu produzieren. 2009 kamen bereits 65% der Einnahmen des haitianischen Budgets aus externen Quellen.26 Nicht einmal im Jänner 2010 wurden Schritte gesetzt, um den dominanten Privatisierungsprozess zu mildern oder abzuwenden. Auch die dringenden, aktuellen Probleme sind nicht ausreichend, um von dem „Entwicklungsmodell“ abzuweichen, das Haiti nun schon seit Jahrzehnten erfolglos verfolgt: die Orientierung der haitianischen Wirtschaft an den Interessen von Sweatshop-InhaberInnen und internationalen KonsumentInnen, die Privilegierung exportorientierter Landwirtschaft sowie die Förderung von Jobs mit niedriger Bezahlung und Tourismus.27
Die gängigen, landwirtschaftlichen Regulierungen drängten immer mehr KleinbäuerInnen aus dem Sektor und führten in den letzten Jahren zu einer massiven Bevölkerungszunahme in Port-au-Prince. Da in den ersten Wochen nach dem Erdbeben die finanzielle Hilfe weitgehend ausblieb, versuchten viele von ihnen wieder in ihre Dörfer, oder das, was von ihnen übrig war, zurückzukehren. Mit ein wenig Unterstützung wären sie auch dort geblieben. Aber, wie immer, erhielten die haitianischen BäuerInnen wenig bis keine Unterstützung. Nur knapp 23 Millionen US-Dollar des Hilfegesuchs an die UN waren für die Landwirtschaft kalkuliert. Ende Februar gab die UN zu, dass nicht einmal dieses Geld angekommen sei. „Am Land“, argumentierte Reed Lindsay im März 2010, „gibt es keine Hinweise auf humanitäre Hilfe, am wenigsten für die Landwirtschaft.“28 „Mit keinen Jobaussichten, keinerlei Hilfe, keiner Aussicht auf landwirtschaftliche Entwicklung, hält die Menschen nichts am Land“, bestätigt auch Mark Schuller. „Der Großteil dieser Rückwanderung aufs Land konnte nicht gehalten werden und Port-au-Prince ist wieder zum Zentrum für Jobsuchende geworden.“29

Die ProfiteurInnen der Katastrophe…
Sofort nach dem Erdbeben war klar, dass sich die wohlhabende Bevölkerung Haitis den Löwenanteil an der internationalen Hilfe sichern würde.30 Zur selben Zeit hatten auch in den USA mächtige Think-Tanks und LobbyistInnen, wie die Heritage Foundation, das American Enterprise Institute oder die RAND Cooperation, erkannt, dass „dieses Desaster eine Chance bietet, die verspäteten Reformen zu verschärfen.“ Dies inkludiere „das Aufbrechen oder zumindest die Reorganisation des staatlich kontrollierten Telefonmonopols. Das gleiche gilt für das Bildungsministerium, die Elektrowirtschaft, das Gesundheitsministerium sowie die Gerichte.“31 Einige der mächtigsten Geschäftsleute Haitis haben sich daher bereits mit multinationalen Logistik- und Wiederaufbaufirmen zusammengetan, um so den größten Vorteil aus den Einnahmen der Entwicklungsgelder zu ziehen. Die Vorbe Group, das größte Bau und Logistikunternehmen in Haiti, tat sich zum Beispiel mit der in Alabama ansässigen Wiederaufbaufirma DRC zusammen, der nach Katrina unter anderem Verträge im Wert von mehr als 100 Millionen Dollar zugesprochen wurden.32
Neben den ausländischen InvestorInnen haben bis jetzt vorwiegend aus dem Ausland finanzierte NGOs von dem Unglück Haitis profitiert. „Die ganzen Millionen, die gerade nach Haiti kommen, fließen in die Hände der NGOs“33, beklagte Préval Anfang März. Nach einer Schätzung einer erfahrenen Sozialarbeiterin kommen „von dem ganzen gesendeten Geld nur 10% vor Ort an. Der Rest wird für ausländische ExpertInnen, Hotels, Autovermietung und Hotelkonferenzen ausgegeben.“34 Wie jedeR, der/die Port-au-Prince besucht, sicher bestätigen wird, gibt es hier eine „große Kluft zwischen den Menschen von der UN und den NGOs und den Menschen, denen sie helfen wollen.“35 Ausländische Beschäftigte der NGOs „demütigen und diskriminieren weiterhin arme, haitianische Personen“, bedauert der haitianische Journalist Wadner Pierre, „weil sie annehmen, dass diese allesamt gefährliche, gewalttätige, dumme oder primitive Menschen sind […].“36
Ausländische InvestorInnen und NGOs tendieren dazu, ausländischen Schutz anzufordern, um ihre Sicherheit zu garantieren. Bald nach dem Abzug der ersten ausländischen Truppen begannen daher private, militärische Sicherheitsunternehmen wie Triple Canopy (die den Xe/Blackwater-Sicherheitsvertrag im Irak 2009 übernahmen) und Overseas Security & Strategic Information ihre Dienste in Haiti zu bewerben.37 Wie ein Bericht von Al Jazeera zeigt, sehen diese Firmen „neue Unglücksgebiete als emerging markets“38 an. Ihre ‚humanitären‘ Gegenstücke in der UN und in USAID bemühten sich nach Kräften, diese aufstrebenden Märkte zu fördern. Der für „humanitäre Angelegenheiten“ verantwortliche UN-Beamte John Holmes bestätigte, dass „das beste Zeichen einer kommenden Erholung in Haiti ein Aufschwung in privaten Investitionen sein würde.“39 Laut Reginald Boulos, dem Präsident der Handelskammer von Haiti, beinhaltet eine Agenda für einen solchen Wandel eine Reduktion der Regierungsintervention und Korruption. Was sie allerdings auf keinen Fall beinhaltet, ist eine signifikante Verbesserung in der Bezahlung und den Lebensbedingungen der haitianischen ArbeiterInnen. Boulos war 2009 einer der prominentesten Gegner der Kampagne zur Erhöhung des erbärmlichen Mindestlohns auf ein Äquivalent von 5 US-Dollar pro Tag.

…und deren Verlierer
Es gibt zurzeit rund 25.000 TextilarbeiterInnen in Haiti, die T-Shirts und Jeans für Marken wie Gildan, Hanes, Gapund New Balance produzieren.40 Firmen, wie etwa Gap, die bereits rund 4.000 haitianische ArbeiterInnen anstellen, planen ihre eigene ‚made-in-Haiti‘-Bekleidungslinie und Grupo M, eine große Auftragsfirma, Unternehmungen Arbeiten für Levis und Banana Republic beinhalten, plant die Größe ihrer Anlagen in Ouanaminthe zu verdoppeln.41 Die von den USA angestoßene Wiederaufbaustrategie für Haiti stützt sich auf eine Gesetzgebung (die Haiti Hemispheric Opportunity through Partnership Encouragement Act oder HOPE), die über einen begrenzten Zeitraum eine Zollbefreiung für in Haiti hergestellte Kleidung verspricht. Clinton und die UN hoffen, dass in den kommenden Jahren eine neue Periode der HOPE-Richtlinien dabei hilft, zehntausend neue Niedriglohnjobs zu schaffen. Diese Strategie ist die gleiche wie vor fast 40 Jahren. Damals wie heute versprachen die InvestorInnen, dass die Schaffung von schlecht bezahlten Jobs irgendwie zu mehr und besser bezahlten Jobs führen und Haiti aus der Armut befreien würde.
Dieses Versprechen wird getrübt, da sich dieselben InvestorInnen und ihre ApologetInnen konsequent gegen bescheidene Lohnerhöhungen der haitianischen ArbeiterInnen wehrten. Diese werden heute dermaßen ausgebeutet, dass ein Vollzeitjob nicht mehr für das Notwendigste ausreicht. Frühere Investitionsperioden führten meist zu einer Verringerung der Reallöhne und des Einkommens der Bevölkerung. Ohne das von besser bezahlten haitianischen ArbeiterInnen (oft gefangen in den höchst ausbeutenden Sektoren Nordamerikas und der Karibik) an ihrer Familien nach Hause geschickte Geld würde die haitianische Wirtschaft heute über Nacht kollabieren. Dieselben InvestorInnen und ihre BeraterInnen sind offen genug zuzugeben, dass der wichtigste „komparative Vorteil“ Haitis die Tatsache ist und bleibt, dass die Menschen so arm und verzweifelt sind. Dass sie bereit sind für nicht mehr als ein 20stel des Geldes zu arbeiten, das sie für eine vergleichbare Anstellung in den USA erhalten würden.42 Der UN-Gesandte Bill Clinton wird daher, angesichts seiner Verpflichtung gegenüber dieser altbekannten Agenda weder Veränderung noch Hoffnung bringen, bemerkt Richard Morse. „Clinton, gemeinsam mit der USAID, der Weltbank, der Inter-American Development Bank und den Vereinten Nationen, bringen mehr desselben nach Haiti: mehr für die Wenigen und weniger für die Vielen.“43
Für den Großteil der Bevölkerung Haitis hat die Aufrechterhaltung eines profitablen “Geschäftsklimas” einen verheerenden Preis: die Verwandlung von Armut in Elend, den Rückgang der lokalen Nahrungsmittelproduktion, und den Verlust jeglicher Kapazitäten der Regierung, auf Veränderungen der globalen Nahrungsmittelpreise und -angebote zu reagieren. Im Frühling 2008 stiegen die globalen Nahrungsmittelpreise und viele HaitianerInnen hungerten. Im April desselben Jahres nahm ihre Wut politische Formen an. Hunderttausende protestierten, und der Druck zwang Prévals Premierminister Jaques Edouard Alexis zurückzutreten.44 Aber genau wie 2008 und in vorhergehenden Jahren, auch 2010 die Reaktion darin, die Abhängigkeit von einer der Hauptursachen des Problems zu erhöhen, statt zu reduzieren: die Abhängigkeit von internationalen Nahrungsmittelhilfsleistungen. Währenddessen ist der Großteil der von den Erdbeben betroffenen Bevölkerung dazu gezwungen, darauf zu warten, dass die humanitären Investoren über den Verlauf ihrer weiteren Ausbeutung entscheiden. Es ist wahrscheinlich, dass sie sich damit Zeit lassen werden. Bis Mitte des Sommers hatten erst fünf Länder (Venezuela, Brasilien, Norwegen, Estland und Australien) zum Haiti Reconstruction Fund der UN beigetragen, und weniger als 10% der 5,3 Milliarden Dollar, die im März versprochen worden waren, sind tatsächlich ausgezahlt worden. Bis jetzt haben die Regierungen Frankreichs und der USA so gut wie gar nichts von den versprochenen Millionen gezahlt.

Spenden, die nicht ankommen
Im Gegensatz dazu haben US-BürgerInnen auf Haitis Notlage mit außergewöhnlicher Großzügigkeit reagiert und 1,3 Milliarden Dollar für Direkthilfe gespendet. Unglücklicherweise haben die Hilfsorganisationen dann beschlossen, einen großen Teil dieses Geldes für sich selbst oder für eine unbestimmte Zukunft zurückzuhalten. ABC News bestätigte, dass von den insgesamt 1,138 Milliarden Dollar, die an Spendengeldern an die 23 größten Hilfsorganisationen gingen, „mindestens 62,7%, also 714,3 Millionen Dollar für zukünftige Hilfsleistungen an Haiti reserviert oder gar nicht zugeteilt wurden.“ Der mangelhafte Zugang zu Förderungen übersetzt sich in einen Mangel an erkennbaren Verbesserungen vor Ort. Den gesamten Frühling 2010 hindurch dokumentierten Pressenachrichten die Ungläubigkeit von Einheimischen und BeobachterInnen aus dem Ausland, die dabei zusehen mussten, wie die Wiederaufbauversuche mit unwahrscheinlicher Selbstgefälligkeit und Inkompetenz durchgeführt wurden.45
Unglaublich, dass im Spätsommer 2010 erst 2% des Schutts von den Straßen Port-au-Prince entfernt sind.46 Unglaublich, dass 98% der 1,5 Millionen obdachlos gewordenen Menschen weiterhin in völlig unangemessen Zeltlagern leben, abwechselnd von der tropischen Sonne gebraten und von sturzfluthaftem Regen überschwemmt. Die meisten dieser Menschen haben immer noch keine wasserdichten Zelte, geschweige denn ein vorübergehendes Obdach, das den Orkanwinden widerstehen könnte, die Haiti in vielen Sommern und oft mit verheerenden Auswirkungen heimsuchen.47 Die Zahlen von Vergewaltigungen und Gewalt an Frauen sind rapide in die Höhe geschossen. In den meisten Lagern haben die BewohnerInnen keinen Zugang zu irgendeiner Form von Rechtsschutz, oder auch nur die Möglichkeit, mit den ausländischen Truppen zu kommunizieren, die weiterhin durch ihre Stadt patrouillieren.48 Tausende der unwillentlichen BewohnerInnen dieser Zeltlager werden von vermeintlichen GrundbesitzerInnen vertrieben oder mit der Vertreibung bedroht und gezwungen, sich in noch prekärere und entlegenere Gebiete zurückzuziehen.

Klassen- statt geologischer Bruchlinien
Wie Kim Ives bestätigt, enthüllen die Ereignisse nach dem 12. Januar in dieser, wie in vielen anderen Hinsichten, dass „die wichtigste Bruchlinie in Haiti keine geologische ist, sondern eine der Klassen. Eine kleine Hand voll reicher Familien besitzen große Gebiete des Landes um Port-au-Prince, die ideal geeignet wären, um die tausenden Heimatlosen anzusiedeln. Die Familien kontrollieren jedoch auch Haitis Regierung und haben darüber hinaus bedeutenden Einfluss auf die neu formierte IHRC. […] Die IHCR hat für die nächsten 18 Monate durch ein ,Notstandsgesetz‘ die Befugnis, Land, das sie für passend befindet, für den Wiederaufbau zu beschlagnahmen […], aber die Elite-Familien […], geben ihr eigenes, wohlsituiertes Land nicht frei, so dass es Haitis Heimatlosen zu Gute käme. In Konsequenz wurde nur ein einziges großes Lager für die Flüchtlinge gebaut: Corail-Cesselesse liegt 10 Meilen nördlich der Hauptstadt auf einem verlassenen Streifen Wüstenland zwischen Titayen und Morne Cabrit – zwei desolate Zonen, in denen Todesschwadronen während des Anti-Aristide Putsches ihre Opfer entsorgten.“49
Dieses „Vorbildlager“ bei Corail-Cesselesse bleibt bis jetzt das Vorzeigeexemplar der Wiederaufbaubemühungen; ein wichtiger Stopp auf der Reiseroute eines/r jeden JournalistIn, der/die das Land besucht. Corails Zelte sind in symmetrischen Reihen angelegt, und es brüstet sich mit Toilettenanlagen, Duschen und einem kleinen Krankenhaus. Aber sonst gibt es nichts: Es gibt keine zu Fuß erreichbaren Märkte, Geschäfte oder Schulen, und es gibt keine Arbeit. „Es gibt wirklich nichts zu tun“, erzählte der Bewohner Mark Schuller. „Du kannst nicht in deinem Zelt bleiben, wegen der Hitze. Du kannst nicht hinausgehen, wegen dem Staub. Und du kannst das Lager nicht verlassen, weil es nichts zu tun gibt.“50 Corail ist kaum mehr als ein Auffanglager und dabei ein ganz schön instabiles: Die meisten Zelte brachen bei einem Sturm in der Nacht vom 12. Juli zusammen, sechs Menschen wurden verletzt. Zufälligerweise liegt das Lager auch noch auf einem Stück Land, das im Besitz des Unternehmens Nabatec ist. Dieses wird davon beträchtlich profitieren: Sowohl vom Entschädigungsprogramm der Regierung, als auch von dem Industriepark, der in der neuen Nachbarschaft geplant ist.
Währenddessen haben die meisten Flüchtlinge keine andere Wahl, als weiterhin auf den erstbesten Flecken Land, die sie finden, ihre Zelte aufzuschlagen – ein Lager ist zum Beispiel auf dem zwei Meter breiten Zementstreifen angesiedelt, der die Route de Carrefour trennt. Gegen Ende Juli räumte die UN ein, dass von den benötigten 125.000 dauerhaften Unterkünften nur 6.000 gebaut worden waren. Am Höhepunkt der Misere gab Edmond Mulet, Leiter der UN Mission zu, dass „wir den Sinn für die Dringlichkeit der Situation verloren haben.“51

Widerstand von unten
Wie zu erwarten, haben die Leute, die direkt von der Katastrophe betroffen sind, diesen Sinn nicht verloren. Das vielleicht Bemerkenswerteste in der gesamten Periode nach dem Erdbeben ist die außergewöhnliche Ausdauer und Disziplin der hunderttausenden Menschen, die zwar ihre Verwandten, ihr Zuhause und ihr Eigentum verloren, aber vom ersten Tag an begonnen haben, sich in neuen Gemeinschaften zu organisieren. Sie haben ihre Ressourcen vereint, die Verteilung von Nahrung und Wasser organisiert und informelle Strukturen geschaffen. Die Zeltlager sind ein Produkt der Verzweiflung, aber die räumlichen Konzentration von Menschen in ungekanntem Ausmaß schafft auch beispiellose Möglichkeiten für Selbstorganisation und Versammlungen. Ein paar Wochen nach dem Erdbeben beobachtete Camille Chalmers, dass „die Leute in den Lagern viel über Solidarität, Brüderlichkeit [sic!] und gegenseitige Hilfe [sprechen].“52 Im Angesicht größter Verwundbarkeit haben die BewohnerInnen der Lager sogar begonnen politischen Druck aufzubauen: „Die BürgerInnen ziehen regelmäßig auf die Straße“, schrieb Beverly Bell im Juli. „Sie fordern Unterkünfte für die Obdachlosen, gute Bildung, und die Unterstützung nationaler Landwirtschaft. Vor kurzem haben sie gegen Gewalt von Seiten der UN-Sicherheitsmission protestiert, gegen die Nichtauszahlung der Löhne von Staatsangestellten und LehrerInnen, und gegen die Einführung des giftigen Mosanto Saatguts. Grassroot-Organisationen treffen sich immer noch regelmäßig, um Strategien für einen politischen Wandel zu entwickeln, wie sie es in der Geschichte Haitis immer getan haben. […] Sie entwickeln Initiativen für Wohnrechte und Schutzmaßnahmen gegen Vergewaltigung für die [Flüchtlinge] in den Lagern. Manche planen Informationskampagnen für Sweatshop-ArbeiterInnen, andere Programme um die Jugend zu politisieren.“53
Ebenso wie bei den vorhergehenden Wahlen 2000 und 1990 bleibt auch im Wahljahr 2010 der wichtigste politische Gegensatz, derjenige zwischen (a) den KritikerInnen, die lediglich eine effizientere Anwendung derWiederaufbauressourcen und „vernünftige“ Formen der Kooperation mit den Besatzungstruppen und Hilfsorganisationen fordern und (b) den AktivistInnen, die an einem Wiederaufleben der Mobilisierung von unten arbeiten und für einen grundsätzlichen politischen Wandel als einziges Mittel zur Wiedererlangung nationaler Souveränität und zur Etablierung sozialer Gerechtigkeit eintreten, bestehen. SprecherInnen der NGOs, der UN, der USA und anderer „Freunde“ Haitis schimpfen über lokale Ineffizienz und Korruption, lassen aber die politischen Fragen außen vor. Die einzige Rolle, die für die Bevölkerung Haitis verbleibt ist, die der ehrwürdigen NutznießerInnen einerseits, und ärgerlichen „Hemmnisses der Reform“ andererseits. Der humanitäre Leiter der UN interessiert sich in erster Linie für die „möglichen Konsequenzen, die große Demonstrationen an sensiblen Orten für die Politik, als auch für die Sicherheit“54 haben könnten. Stabilität, also Fügsamkeit, bleibt die oberste Priorität.
Im Gegensatz dazu konzentrieren sich die AktivistInnen auf die Mechanismen der Exklusion, die den Großteil der Bevölkerung Haitis an den äußersten Rand der Politik gedrängt haben. „Was hier passiert, ist eine Art Zusammenwachsen der Fanmi Lavalas-Basisorganisationen mit ehemaligen PPN-Mitgliedern.“55 beobachtet Kim Ives. „Das ist ohne die Zustimmung und vielleicht teils zum Verdruss der Führungen der beiden Parteien passiert. Es gab eine Anziehungskraft auf der Ebene der Basis, und ich habe den Eindruck, dass das Zentrum des anti-imperialistischen Widerstands gegen Prévals Pläne und seine Mannschaft aus diesem Schmelztiegel kommt. Hier entsteht eine progressive und revolutionäre politische Führung für die Ära nach dem Erdbeben.“56

Die Probleme der Lavalas-Bewegung
Leider ist die wichtigste, legale Institution der Lavalas-Bewegung, die Fanmi Lavalas-Partei (FL) in sich gespalten und vom politischen Prozess exkludiert. 2004 wurden Aristide und viele seine MinisterInnen dazu gezwungen, das Land zu verlassen, sein Premierminister Yvon Neptune und ein Dutzend anderer, hochrangiger Parteimitglieder der FL wurden verhaftet. Im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen 2006 wurde der Kandidat der FL, Gérard Jean-Juste, aufgrund erfundener Anklagepunkten verhaftet und sein Antreten bei den Wahlen verhindert. Im August 2007, „verschwand“ der berühmteste Menschenrechtsaktivist Lovinsky Pierre-Antoine (er wird mittlerweile für tot gehalten), kurz nachdem er bekräftigt hatte, dass er sich als Kandidat der FL für den Senat aufstellen lassen wolle. Prévals Wahlkommission (CEP) hat bis zu den Wahlen im April 2009 die Blockaden gegen die FL-KandidatInnen weitergeführt.57
Als Reaktion auf diese Ausgrenzung organisierten die FLAktivistInnen einen Wahlboykott. Nur eine kleine Minderheit der Wahlberechtigten ging anschließend wählen – 11%, wenn man den offiziellen Zahlen glaubt, weniger als die Hälfte davon, Oppositionellen und den meisten WahlbeobachterInnen zufolge.58 In der Öffentlichkeit haben die USA und die UN die Entscheidung der CEP verurteilt und die Inklusion aller politischen Parteien gefordert. Als die CEP von ihrer Ausgrenzungspolitik aber nicht abkommen wollte, gingen sowohl die USA als auch der Rest der „internationalen Gemeinschaft“ leise von ihrem Wunsch nach freien und inklusiven Wahlen ab und stimmten stattdessen zu, den Großteil der Wahlkosten zu bezahlen. Im November 2009 hat die CEP die FL (und zahlreiche andere Parteien) wieder einmal von der Registrierung zu den Parlamentswahlen, die eigentlich für Februar 2010 geplant waren, ausgeschlossen. [Bei den nun für November 2010 anberaumten Wahlen werden daher] das Haitianische Parlament sowie der Präsident wiederum ohne die Einbindung der meisten politischen Organisationen des Landes gewählt. Ohne Zweifel werden auch diese Wahlen wieder den Zustimmungsstempel der internationalen Gemeinschaft bekommen. Die Führungsriege der FL hat die ganze Situation durch parteiinterne Post-Aristide-Kämpfe verschlimmert. 2008 wurden die Rivalitäten so stark, dass aus der Partei mehr oder weniger zwei unabhängige Organisationen entstanden. Die Schikane durch die Regierung gekoppelt mit der fehlenden Einheit der Partei hat der Massenbewegung jegliche Möglichkeit entzogen, das zu verwenden, was Samba Boukman 2006 als ihre „größte Waffe“ bezeichnete – die Fähigkeit die Wahlen zu gewinnen.
Es scheint daher, als ob die Präsidentschaftswahlen im November 2010 keinerlei Aussicht auf signifikanten Wandel mit sich bringen. Die zwei Anti-Lavalas-Coups haben dazu beigetragen, dass jegliche Hoffnung, genuin sozialer Wandel sei in Haiti über „formale“ demokratische Mittel möglich, eliminiert ist. „In allen Camps, die ich besucht habe“, schreibt Isabelle Doucet „gibt es kein Interesse an den Wahlen, geschweige denn Enthusiasmus über einen Kandidaten.“ Das progressive Wochenmagazin Haiti Liberté verwirft die Wahlen schon jetzt als bloße „Scharade“, zurechtgebastelt von den ausländischen „Freunde von Haiti“, deren klares Ziel es ist, die Besetzung zu legitimieren.

Neokolonales Protektorat oder Massenaufstand?
Die Lavalas-Bewegung ist heute weniger eine Organisation als eine Idee oder eine Erinnerung. Dieses Fehlen einer adäquaten Organisation und Führung lässt die sich wieder erneuernde Massenmobilisation anfällig werden für jegliche Formen opportunistischer Manipulation. Einige MediatorInnen zufolge sind daher viele der Personen, die an Demonstrationen für oder gegen die Regierung teilnehmen, bezahlt. „Niemand protestiert ohne Geld in diesem Land“, erzählte einer der MediatorInnen im Juli. „Die reichen Leute halten uns im Elend, damit wir machen, was sie wollen.“59
Die wichtigste politische Frage, die sich in Haiti daher heute stellt, ist diejenige der Richtung, der Prioritäten und der Integrität der beginnenden Protestbewegung. Einhergehend mit vielen seiner Verbündeten ist sich Yves Pierre-Louis „sehr bewusst über die Gefahren, die sich dadurch ergeben, dass früheren PutschistInnen erlaubt wird, Teil dieser Allianz und Demonstrationen zu sein.“ Bei den Wahlen im November 2010 wird dementsprechend, wie bei den letzten vier Präsidentschaftswahlen in Haiti, alles davon abhängen, ob die Einheit und das Bewusstsein stark genug sind, damit sich diejenigen Kräfte durchsetzen, die sich den Wahlen entgegenstellen. Das Erdbeben hat die Entscheidung über die politische Entwicklung Haitis weiter verschärft und forciert: Entweder die Erneuerung der Massenmobilisation, die Ziele wie Gleichheit und Gerechtigkeit verfolgt oder eine langandauernde Bestätigung des derzeitigen Status der Insel als neokoloniales Protektorat.

Peter Hallward ist Professor für moderne europäische Philosophie an der Kingston Universität in London und Autor des Buches: Damming the Flood. Haiti, Aristide and the Politics of Containment, Verso: London 2010 [2007].

Übersetzung: Julia Hofmann, Katherina Kinzel, Ako Pire und Philipp Probst.

Anmerkungen
1 Dies ist eine übersetzte, gekürzte und redaktionell bearbeitete Version des Nachworts zum 2010 in der zweiten Auflage erschienen Buch von Peter Hallward: Damming the Flood: Haiti, Aristide and the Politics of Containment, Verso: London 2010 [2007].
2 vgl. The Guardian, 10.07.2010, unter: http://www.guardian.co.uk/world/2010/jul/10/haiti-earthquake-aid-survivors; zwei der nützlichsten Quellen für gesicherte Informationen über Haiti nach dem Beben sind die Seiten vom Haiti Relief and Reconstruction Watch (http://www.cepr.net/index.php/relief-and-reconstruction-watch) und dem Canada Haiti Action Network (http://canadahaitiaction.ca/).
3 Anm. d. Übers.: Die 1957 von François „Papa Doc“ Duvalier (1907–1957) errichtete und ab 1971 von seinem Sohn Jean-Claude „Baby-Doc“ Duvalier (1951*) fortgeführte Diktatur gilt als eine der brutalsten Militärherrschaften der Welt. Sie wurde 1986 durch Massenproteste zu Fall gebracht.
4 Anm. d. Übers.: Jean-Bertrand Aristide gilt als wichtigster Anführer der Lavalas-Bewegung. Er war von 1990 bis 1991, von 1994 bis 1996 sowie zum letzten Mal von 2001 bis 2004 Staatspräsident Haitis und lebt heute im Exil in Südafrika.
5 Anm. d. Übers.: Die Tontons Macoutes waren eine Miliz bzw. Geheimpolizei, die während und nach der Duvalier-Diktator Angst und Schrecken verbreitete.
6 Ives, Kim: How the Earthquake has Affected Haiti‘s National Democratic Revolution and International Geopolitics, Rede gehalten an der Universität von Aberdeen, 12.03.2010
7 zitiert nach BBC Radio 4, Zehn-Uhr-Nachrichten, 16.01.2010
8 Al Jazeera, 17.01.2010, unter: http://www.youtube.com/watch?v=0F5TwEK24sA
9 Anm. d. Übers.: Die USAID (United States Agency for International Development) ist eine wichtige Behörde der US-Entwicklungszusammenarbeit und agiert als verlängerter Arm des US-Imperialismus.
10 USAID unter: http://www.usaid.gov/helphaiti/index.html
11 Washington Post, 18.01.2010, unter: http://www.washingtonpost.com/wp-dyn/content/article/2010/01/17/AR2010011702941.html
12 Democracy Now!, 20.01.2010, unter: http://www.democracynow.org/2010/1/20/devastated_port_au_prince_hospital_struggles
13 Stuart Page ist Präsident der Page Group, vgl. http://www.pagegroupltd.com/aboutus.html
14 BBC Radio 4, Sechs-Uhr-Nachrichten, 18.01.2010
15 David Belle, Ciné Institute, 17.01.2010, vgl. http://www.cineinstitute.com/news/recovery-and-reportage
16 Democracy Now!, 21.01.2010, unter: http://www.democracynow.org/2010/1/20/journalist_kim_ives_on_how_decades
17 Telegraph, 19.01.2010, unter: http://www.telegraph.co.uk/news/worldnews/centralamericaandthecaribbean/haiti/7030237/Haiti-earthquake-US-ships-blockade-coast-to-thwart-exodus-to-America.html; BBC News, 17.01.2010, unter: http://news.bbc.co.uk/2/hi/africa/8463921.stm
18 New Statesman, 28.02.2010, unter: http://www.newstatesman.com/international-politics/2010/02/haiti-pilger-obama-venezuela
19 zitiert nach The Nation, 11.03.2010, unter: http://www.thenation.com/article/haitis-excluded 20 vgl. z.B. Huffington Post, 05.04.2010 unter: http://www.huffingtonpost.com/mark-schuller/haitis-resurrection-promo_b_525104.html; The Root, 09.02.2010, unter: http://www.theroot.com/views/toward-new-haitian-state?page=0,0
21 vgl. Haiti Action, 03.05.2010, unter: http://www.haitiaction.net/News/AFD/5_3_10/5_3_10.html
22 vgl. AP, 27.01.2010, unter: http://www.cbsnews.com/stories/2010/01/27/world/main6146903.shtml
23 Partners in Health, 27.07.2010, unter: http://www.pih.org/news/entry/focus-on-haiti-the-road-to-recovery-a-six-month-review/#farmer
24 Vgl. Nacla, 31.03.2010, unter: https://nacla.org/node/6547
25 Haiti Liberté, 25.08.2010, unter: http://canadahaitiaction.ca/content/drama-haitis-internally-displaced
26 vgl. MR Zine, 02.02.2010, unter: http://mrzine.monthlyreview.org/2010/boychuk020210.html
27 vgl. Socialist Worker, 08.02.2010, unter: http://socialistworker.org/2010/02/08/shock-doctrine-for-haiti
28 The Nation, 11.03.2010, unter: http://www.thenation.com/issue/march-29-2010
29 Huffington Post, 21.07.2010, unter: http://www.huffingtonpost.com/mark-schuller/rained-out-opportunities_b_653672.html
30 vgl. Washington Post, 18.01.2010: http://www.washingtonpost.com/wp-dyn/content/article/2010/01/17/AR2010011702941.html
31 The New York Times, 17.01.2010, unter: http://www.rand.org/commentary/2010/01/17/NYT.html; The Indypendent, 29.01.2010, unter: http://www.indypendent.org/2010/01/29/plan-for-new-haiti/
32 vgl. Miami Herald, 09.03.2010, unter: http://www.miamiherald.com/2010/02/08/1470013/us-firms-want-part-in-haiti-cleanup.html
33 Miami Herald, 09.03.2010, unter: http://www.miamiherald.com/2010/03/09/1521511/groups-jockey-for-role-in-haiti.html
34 The Nation, 11.03.2010, unter: http://www.thenation.com/issue/march-29-2010
35 Al Jazeera English, 12.07.2010, unter: http://english.aljazeera.net/programmes/faultlines/2010/07/20107614463473317.html
36 The Dominion, 24.06.2010, unter: http://www.dominionpaper.ca/weblogs/wadner_pierre/3518
37 vgl. Miami Herald, 10.03.2010, unter: http://www.miamiher a ld. com/2010/03/10/1521400/ha i t i – summi t -unde r -wa y.html#ixzz0xM0gbm00
38 Al Jazeera, 10.03.2010, unter: http://www.youtube.com/watch?v=kkNCdy0GXyc&feature=player_embedded
39 AP, 21.02.2010, unter: http://www.canadaeast.com/article/961385
40 Socialist Worker, 08.02.2010, unter: http://socialistworker.org/2010/02/08/shock-doctrine-for-haiti
41 Time, 03.05.2010, unter: http://www.time.com/time/magazine/article/0,9171,1983898,00.html#ixzz109rriZpq
42 „Aufgrund seiner Armut und dem relativ unregulierten Arbeitsmarkt“, schreibt Paul Collier, „hat Haiti Arbeitskosten, die vollkommen konkurrenzfähig mit denjenigen in China sind. Arbeit ist nicht nur billig, sondern auch von guter Qualität. Da die Bekleidungsindustrie früher viel größer war als heutzutage, gibt es einen großen Pool an erfahrenen ArbeiterInnen“ (vgl. Collier, Paul: Haiti. From Natural Catastrophe to Economic Security. A Report for the Secretary-General of the United Nations, Oxford 2009, unter: http://www.focal.ca/pdf/haiticollier.pdf ).
43 Huffington Post, 28.03.2010, unter: http://www.huffingtonpost.com/richard-morse/haiti-stuck-in-a-trap_b_516164.html
44 vgl. Nacla, 25.04.2008, unter: http://upsidedownworld.org/main/haitiarchives-51/1248-anti-hunger-protests-rock-haiti; IPS, 04.02.2008, unter: http://ipsnews.net/news.asp?idnews=41454
45 Christian Science Monitor, 20.04.2010, unter: http://www.csmonitor.com/World/Americas/2010/0420/Haiti-relief-Anger-confusion-as-authorities-relocate-homeless
46 AP, 11.09.2010, unter: http://www.huffingtonpost.com/2010/09/11/haiti-earthquake-just-2-p_n_713338.html
47 The Misoulian, 06.06.2010, unter: http://missoulian.com/news/stateand-regional/article_53238992-71ed-11df-b3ab-001cc4c002e0.html
48 IJDH, 20.07.2010, unter: http://ijdh.org/archives/13361
49 Democracy Now!, 13.07.2010, unter: http://www.democracynow.org/2010/7/13/sean_penn_on_haiti_six_months
50 Huffington Post, 21.07.2010, unter: http://www.huffingtonpost.com/mark-schuller/rained-out-opportunities_b_653672.html
51 AL Jazeera, 12.07.2010, unter: http://english.aljazeera.net/programmes/faultlines/2010/07/20107614463473317.html
52 Al Jazeera, 12.02.2010, unter: http://english.aljazeera.net/programmes/faultlines/2010/02/201021113542380300.html
53 The Wip, 12.07.2010, unter: http://thewip.net/talk/2010/07/weve_lost_the_battle_but_we_ha.html
54 The Nation, 30.03.2010, unter: http://www.thenation.com/article/haitis-excluded?page=full
55 Anm. d. Übers.: Die PPN (Parti Populaire Nationale) ist eine linksgerichtete Volkspartei in Haiti.
56 Al Jazeera, 12.02.2010, unter: http://english.aljazeera.net/programmes/faultlines/2010/02/201021113542380300.html
57 IPS,17.04.2009, unter: http://ipsnews.net/news.asp?idnews=46537; Miami Herald, 08.09.2010, unter: http://www.miamiherald.com/2010/09/08/1813042/unfair-and-undemocratic.html
58 Haiti Analysis, 30.06.2009, unter: http://www.haitianalysis.com/2009/6/30/empty-streets-empty-boxes-haitians-reject-manipulated-election
59 Al Jazeera, 12.02.2010, unter: http://english.aljazeera.net/programmes/
faultlines/2010/02/201021113542380300.html





Artikel drucken Twitter Email Facebook